Tränende Augen und ein Albtraum für Morgenmuffel

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Tränende Augen und ein Albtraum für Morgenmuffel

Vera Appenzeller und Lucie Amiguet weilten in einem zweiwöchigen Trainingslager in Malaysia. Die beiden U19-EM-Bronzemedaillengewinnerinnen von Belgrad 2022 haben für uns Tagebuch geführt.

 

Wenn die Suppe mit sehr viel Wasser gestreckt wird

21. / 22.07:
Die Reise nach Asien geht los und schon kommt uns auch die erste Hürde entgegen. Nach ein wenig Augenklimpern und dem Erwähnen, dass wir auf Einladung des europäischen Verbandes reisen, konnten wir unsere Badmintontaschen als Handgepäck mit ins Flugzeug nehmen. Der zweite Flug war etwas unruhig, so dass uns das Schlafen nicht vergönnt war, ansonsten verlief der Rest des Trips reibungslos. Angekommen in Malaysia und im Hotel eingecheckt, leisteten wir uns einen Powernap, bevor wir die Mall unsicher machten. Da wir bereits mehrere Spieler und ein Coach waren, wollten wir alle zusammen essen.

Natürlich gingen Lucie, die Ukrainerin Polina und ich verloren. Wir suchten den Rest unserer Gruppe während über eineinhalb Stunden, aber ohne Internet gestaltete sich diese Aktion schwierig. Wir trafen die anderen dann wieder, als wir im Hotel ankamen. Das Essen in Asien ist sehr lecker, aber ziemlich scharf. Für Lucie war es gerade noch erträglich, aber Vera streckte ihre Suppe mit sehr viel Wasser… Nichtsdestotrotz tränten ihre Augen während dem ganzen Essen. Zum Abschluss des Tages machten wir Yoga und gingen dann früh in Bett.


Der Jetlag macht sich bemerkbar

23.07: Der Tag ging für uns um 09.00 Uhr los. Am Sonntag war kein offizielles Training und wir hatten somit die Möglichkeit, etwas Schlaf nachzuholen. Der Jetlag machte sich bemerkbar, wie auch die wenigen Stunden Ruhezeit wegen der Reise. Nach dem Frühstück besprachen wir den Tagesplan, und gingen ins Gym, um unsere Körper nach den langen Flügen richtig durchbewegen zu können und zu aktivieren. Einen Powernap später gingen wir mit allen Spielern in die Mall, um uns etwas zu Essen und Wasser zu holen. Nach dem Erkunden des Shoppingcenters fielen wir abends um 21.30 Uhr müde ins Bett.

 

Trainingsbeginn ist nicht um 7 – sondern viel früher

24.07: Um 05.45 Uhr klingelte der Wecker. Nach dem Frühstück fuhren wir zum ersten Mal in die Badmintonhalle der malaysischen Akademie. Vor Ort wurde uns mitgeteilt, dass das Training nicht um 0700 Uhr anfing, sondern um 0445 Uhr. Schlussendlich absolvierten wir eine gute Einheit, bei welcher die Spieler:innen aus Malaysia bis zur Hälfte mitmachten, obwohl sie schon ihr eigenes Training absolviert hatten. Der Jetlag machte sich je länger, desto mehr bemerkbar, weswegen wir vor der zweiten Trainingseinheit einen kurzen Mittagsschlaf einlegen mussten. Das Nachmittagstraining absolvierten wir in unserer rein europäischen Gruppe, da noch Abklärungen zu den Trainingszeiten stattfanden. Nach dem Badmintontraining waren wir noch im Gym, assen in der Halle Dinner und fuhren wieder zurück zum Hotel, wie schon am Mittag. Nach der Dusche lagen wir beide wieder im Bett und waren schon fast schlafbereit.

 

Es fehlt die Klimaanlage

25.07. (Vera): Heute mussten die Doppelspieler:innen in einer anderen Halle trainieren, welche keine Klimaanlage hatte. Zwei Minuten nachdem wir in der Halle waren, klebte meine Haut schon. Ich wusste, das wird lustig, so zu trainieren. Am Ende der Einheit konnte ich alle Shirts, welche ich getragen hatte, auswringen und es lief ein Faden aus Schweisswasser zu Boden. Nach der Mittagspause stand eine leichtere Multisession auf dem Programm, gefolgt von Gym. Abendessen, Tasche packen und ab ins Bett, da morgen das ganze Training Matches gespielt werden. Morgen Nachmittag wird auch spannend, da ich frei habe.


Kräftemessen mit den asiatischen Spielern

26.07: Heute standen am Morgen nur Matches auf dem Trainingsplan. Wir konnten überraschend gut mit den asiatischen Spielern mithalten. Wir konnten auch einige Matches gewinnen. In der Halle ist es immer noch sehr warm, da es in der Doppelhalle keine Klimaanlage gibt. Am Nachmittag hatten wir frei und haben die Gegend rund um das Hotel ausgekundschaftet. Einkaufen stand auch auf dem Programm, bevor wir uns noch im Pool abkühlten. Wäsche waschen wird am Freitag oder Samstag ein Thema sein. Ab morgen startet das Training ab 0615, weshalb wir heute Nachmittag auch viel entspannt haben und früh ins Bett gingen.

 

Die Übungen dauern länger als zuhause

27.07 (Vera): Heute ging es doch nicht so früh los, wie erwartet, sondern erst um 0700 Uhr, wie schon die Tage zuvor. Langsam gewöhne ich mich an das System der Asiaten bezüglich Trainingsaufbau. Die Übungen dauern für den Arbeiter mindestens 5-10 Minuten, dann wechselt der Arbeiter. In der Schweiz sind kürzere Intervalle bekannter und so ziemlich die längsten, welche wir machen, sind ca. zweieinhalb Minuten. Dafür sind die Intensität und Schnellgeschwindigkeit bei den Europäern ausgeprägter als bei den asiatischen Spielern. Mir gefällt es gut hier, nur das Aufstehen, so früh morgens müsste nicht sein :)

 

Auch am freien Wochenende wird Energie verbraucht

29/30.07: Über das Wochenende hatten wir einige Zeit, uns in Kuala Lumpur umzusehen. Es ist eine tolle Stadt mit sehr freundlichen Leuten. Am Samstag besichtigten wir die Petronas-Zwillingstürme und gingen ein wenig durch die Stadt. Wir machten Fotos wie Touristen und probierten die berühmte Stinkfrucht. Uns schmeckte sie nicht wirklich, dennoch war sie um einiges besser zu essen, als sie zu riechen. Im Taxi war der Gestank der Frucht fast unerträglich…an dieser Stelle nochmals Entschuldigung an den Taxifahrer ahhahah. Zudem waren wir in einem Yonex-Store, wie es ihn bei uns in der Schweiz so nicht gibt. Glücklicherweise haben die Asiaten andere Kleiderkollektionen als wir in Europa. So lohnte es sich auch, einige Teile zu einem relativ günstigen Preis zu erwerben.

Am Sonntag konnten wir endlich ausschlafen. Ich glaube, es fühlte sich noch nie so gut an, bis 9.00 Uhr im Bett zu bleiben und anschliessend mit den anderen zu brunchen. Um die Mittagszeit machten wir uns auf den Weg in die Caves von Kuala Lumpur. Wir kämpften uns die Treppen hoch und besuchten die religiösen Monumente und Tempel, welche sich in den Felshöhlen versteckten. Nach dem Füttern der wilden Äffchen stiegen wir die Stufen wieder hinunter, als es wie aus Kübeln zu regnen begann. Wir sind nicht aus Zucker, meinte Lucie, als wir uns unter einem kleinen Dach schon die Beine in den Bauch gestanden hatten und so liefen wir durch den Regen und orderten ein Taxi, damit wir zur Chinatown aufbrechen konnten. Nass waren wir eh schon, und warm war es trotzdem.

Als wir dort angekommen waren, assen wir etwas und schlenderten durch die Stände der typisch chinesischen Strassen. Auch wenn wir das Wochenende frei hatten, verbrauchten wir einiges an Energie. Nach den üblichen Uno-Partien am Abend, welche wir mit den anderen Europäern spielten, machten wir uns wieder früh fertig fürs Bett und schliefen auch recht schnell ein.


Jetzt fühlen sich die Nächte noch kürzer an

01.08 (Vera): Die neue und somit auch letzte Woche unserer Asienreise begann. Nur noch neun Trainings bis zum Retourflug. Unsere Mitspieler von der letzten Woche reisen morgen an ein Turnier, weshalb wir ab heute Nachmittag mit den Elitespielern mittrainieren dürfen. Es fordert uns sehr heraus, aber es macht sehr viel Spass, mit den Älteren trainieren zu können. Das einzige weniger Erfreuliche ist, dass wir nun schon um 05.30 Uhr bereit in der Halle sein müssen und nicht mehr erst um 07.00 Uhr. Die Nächte fühlen sich noch kürzer an als vorher schon.

Dies ist ein Kulturschock für mich, da ich sonst schon um 08.30 Uhr ein Morgenmuffel im Training in Bern bin. Hier ist es aber ganz normal, so früh aufzustehen und zu trainieren. Auch dauern die Einheiten hier viel länger als in Europa. Am Vormittag eigentlich immer vier Stunden oder sogar länger.

Der Rest der Woche verlief genau gleich. Uno-Partien am Abend und den Rest des Tages schlafen, trainieren und essen. Ausser, dass wir die Legende Lee Chong Wei und die zwei Youngster Pearly Tan und Thinaah Muralitharan sahen. Mit dem Damendoppel durften wir sogar trainieren. Ich spielte sogar mit Pearly Tan Doppel. Sie hat den härtesten Smash der Frauen und stellte vor kurzem den Weltrekord auf.

 

Ein Abschied, der nicht leicht fällt

 

Heute mussten wir uns von den herzlichen Menschen verabschieden, was uns nicht sehr leicht fiel. Unsere Trainingspartner sind uns ans Herz gewachsen. Wir haben schon lange nicht mehr so offene Personen kennengelernt, welche uns mit so viel positiver Energie empfangen haben. Wir haben aber die Nummern ausgetauscht und bleiben in Kontakt.

Auch mit den Spielern aus Europa war nun unsere Zeit um, da wir als erste wieder zurück flogen. Wir machten uns alle zusammen einen tollen Abend, spielten Karten, lachten und hörten Musik, bis wir abgeholt und zum Flughafen gebracht wurden.

Nun sind wir wieder zurück in der Schweiz bei unseren Familien und freuen uns, das neu Erlernte ins Training zu implementieren.

 

 

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